Es ist heiß in diesen Tagen auf der Datsche. Wir sind an einem See östlich von Berlin, im Schuppenland, wie eine Berlinerin sagt. Außer dem Wochenendhaus stehen auf dem hinteren Teil des Grundstücks der Holzschuppen, der Werkzeugschuppen, der Luftschuppen. Auf dem Weg zum See kommen wir an weiteren mehr oder weniger baufälligen Schuppen vorbei, in denen Generationen von Rasenmähern und verrostete Gartenliegen neben verrottenden Auflagen lagern.
Kurz bevor wir am See sind, werfen wir einen kurzen Blick nach rechts: Ist der Platzhirsch gerade da? Der Platzhirsch in einem imposanten Neubau ist ein Westdeutscher, der hier Land aufgekauft hat und nun behauptet, dass der Zugang zum See ihm allein gehört. Wirklich geklärt zu sein scheint der Fall nicht.
Über 30 Jahre nach der Wende sind bestimmte, ehemals selbstverständliche Nutzungsrechte für Pächter von Grundstücken erloschen. Menschen, die jahrzehntelang Arbeit, Geld und Liebe in ein kleines Stück Land und Häuschen gesteckt haben, müssen sich damit abfinden, dass sie die erhöhte Pacht nicht mehr bezahlen können oder dass das Grundstück verkauft wird und sie nicht das Geld haben, um es zu bezahlen.
Die alten Nachbarn in den Parzellen am See kennen sich seit vielen Jahren. Sie wissen, wer geschieden wurde, wieder geheiratet hat, gestorben ist. Selbst Leute, die man am liebsten von hinten sieht, werden gefragt, ob man ihnen ein Brot vom fünf Kilometer entfernten Bäcker mitbringen soll. So funktioniert das Leben hier. Bei allen Unterschiedlichkeiten und Reibereien gibt es Nachbarschaftshilfe und gegenseitige Toleranz. Das Verhalten eines Platzhirsches passt nicht in dieses Gefüge.
Und was sagt die Erde dazu? Großmütig lässt sie uns Menschen gewähren, erträgt zusammenfallende Schuppen und Streitereien und verzaubert uns immer wieder mit ihrer Schönheit. Mit der üppigen, grünen Pflanzenwelt, der Ruhe des Sees, den dahinziehenden Wolken am Himmel. Ihre Schönheit hilft uns, wieder ins Lot zu kommen, wenn wir aus der Spur geraten sind.
Es ist Zeit, uns bei der Erde zu bedanken.