Die Stimme

„Stell dir deinen Rücken gerade vor“, wie oft habe ich diesen Satz von meiner Yogalehrerin bei einer bestimmten Übung gehört. Jedes Mal wieder erinnert sie uns daran, dass man/frau ja auch gerade sitzen kann, Kopf hoch, Schultern tief.

Neulich saß ich beim Mittagessen und plötzlich hatte ich die Stimme von B. im Kopf „Stell dir deinen Rücken gerade vor“. Eine sinnvolle Erinnerung – manchmal sind diese inneren Stimmen doch hilfreich. Wenn es nicht gerade Stimmen aus der Kindheit sind, die uns davon abhalten, unseren Weg zu gehen. („Jungen weinen nicht, Mädchen lachen nicht so laut…“)

Arbeit mit inneren Stimmen spielt heutzutage in manchen Psychotherapien eine Rolle. Kaum jemand weiß, dass schon lange vor Erfindung der modernen Psychotherapie indianische Heilkundige damit gearbeitet haben. Als in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts die Ältesten nordamerikanischer indigener Stämme beschlossen, auch Wissen an Weiße weiterzugeben, begannen sich im Westen der USA, besonders in Kalifornien, neue Therapieformen zu entwickeln, deren Ursprung auf indianischem Heilwissen beruht.

Moon Deer, die Älteste des Bärenstamms spricht

„Wir sind mitten in den Erdveränderungen,“ beginnt Moon Deer, eine der Ältesten des Bärenstamms. Was auch in diesen schwierigen Zeiten nicht hilfreich ist, ist Angst. „Wenn bei mir Angst aufkommt,“ erzählt die weise Frau, „dann danke ich ihr, versichere ihr, dass sie meine Aufmerksamkeit hat und sage: jetzt geh!“

Angst blockiert alles. In Angst bewege ich mich nicht selbständig, bin nicht in meiner ureigenen Energie – und das braucht unser Planet. Er braucht es, dass wir uns alle mit unseren besonderen Gaben und unserer Energie präsent und wach auf dieser Erde bewegen.

Und wenn das Rad im Kopf sich dreht und dreht, dann ist es an der Zeit, der Erde zuzuhören. „Unsere Mutter Erde“, sagt Moon Deer, „ und alle unsere Verwandten, die Bäume, Steine, das Wasser sind so bereit, mit uns in Kontakt zu gehen. Nimm dir Zeit für Stille, Zeit, ihnen zuzuhören.“ Das erfordert den Mut, Antworten nicht über den Verstand zu suchen. Solange wir bereit sind, Fragen zu stellen, wird die Natur antworten, ermuntert Moon Deer. Das ist ihre jahrzehntelange Erfahrung, ihre Richtschnur in schweren Zeiten.

Die Älteste des Bärenstamms erzählt auch von einigen der vielen kreativen Möglichkeiten, die Menschen in der Ukraine zu unterstützen. Mit dem Bereitstellen von Unterkünften, Gebeten, Energie. Es gibt keine Hierarchie der Taten, sagt sie, alles hilft, um das Rad zu drehen. Die größte Herausforderung ist es jedoch, sich selber in Balance zu bringen.

Friedenstauben

Noch bevor der Krieg in der Ukraine ausbrach, rief mich meine frühere Russischlehrerin aufgeregt an. Wir müssen etwas tun, wiederholte sie immer wieder. Und sie ging los, zum Pastor, zu einer Lehrerin und bat alle, mit den Kindern Friedenstauben zu basteln und zu verteilen. In Briefkästen, an Büschen und Bäumen, überall.

Ein paar Tage später bekam ich von einer Freundin aus dem Harz ein Foto von einem Busch vor ihrem Haus, an dem gelbe und blaue Friedenstauben im Wind tanzten. Wir hatten nicht zusammen gesprochen – gute Ideen verbreiten sich auch ohne Worte.

Inzwischen gibt es auch vor meiner Haustür Friedenstauben.

 

Über Einzelgänger und Gemeinschaften im Garten

Ich unterhielt mich mit einer Nachbarin im Garten, als sie plötzlich sagte: „Warum schneidest du den Busch dort nicht frei, der kommt ja gar nicht richtig zur Geltung.“ „Welchen Busch meinst du?“ fragte ich zurück. Was ich sah, war eine Gruppe von Forsythien, Kornelkirschen, Ilex und anderen Sträuchern an einer Böschung, die in ihrer Kombination ein – in meinen Augen – wunderschön wildes Ensemble ergeben.

„Kommt gar nicht in Frage, irgendetwas an diesem Stückchen Land zu ändern, das wirkt als Ganzes,“ sagte ich. Unsere Freundschaft trägt über solch unterschiedliche Ansichten hinweg. Ich wunderte mich jedoch noch tagelang darüber, wie unterschiedlich die Sichtweisen sein können. Die Nachbarin blickte auf einen einzelnen Busch, ich hatte nur Augen für die Gesamtheit der Pflanzen.

Was ist ein einzelner Strauch gegen eine Gemeinschaft, dachte ich. Doch ich musste mir eingestehen, dass es manchmal auch wichtig sein kann, ein Gewächs separat aufzuziehen. Rosen zum Beispiel wachsen meiner Beobachtung nach lieber für sich, abgesehen von den Kletterrosen, die sich in die Bäume ranken. Mir tun diese getrennt von anderen lebenden Pflanzen immer ein bisschen leid, und ich lasse unter ihnen so manches Kräutlein gedeihen.

Der Ruf

Und wieder einmal spüre ich den Ruf, wie jedes Jahr um diese Zeit – der Frühjahrsputz ruft energisch. Es dauert ein Weilchen, bis ich mich darauf einlasse, und dann arbeite ich mich langsam, Zimmer für Zimmer voran. Ich lasse mir Zeit, bis Ostern möchte ich das Ausräumen, Aufräumen und Putzen abgeschlossen haben. Und ich freue mich über jedes überflüssige Kleidungsstück oder Buch, das ich aussortiert habe und weitergeben kann in den Kreislauf des Teilens, des Schenkens und Beschenktwerdens.

Der Sturm, der gerade über das Land fegt, passt zu meinem Vorhaben, finde ich. Auch die heftigen Windböen räumen auf, auf ihre Art, wirbeln altes Laub auf und reißen trockene Zweige von Birke und Kiefer in meinem Garten. Hoffen wir nur, dass diese Naturgewalt, der Sturm, uns Menschen nicht überrollt.

Aber jetzt muss ich Schluss machen, ich verspüre da einen gewissen Ruf…

Frieden schaffen ohne Waffen

Meine Freundin A. rief mich vor ein paar Tagen aufgeregt an. Sie kann nicht mehr ruhig schlafen, hat Angst vor dem Ausbruch eines Krieges in der Ukraine. A. ist Russlanddeutsche, in den 90ern ist sie mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen, als Deutsche in Russland in den chaotischen Jahren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wegen der zunehmenden Ethnisierung nicht mehr gern gesehen waren.

A. erzählt mir von einem Projekt, das ihr vorschwebt: Kinder malen Friedenstauben, auf Steine, auf Papier, zuerst hier, dann breitet sich die Bewegung aus… Was für eine Vision!

Auch mich beschäftigt die Situation in der Ukraine. Was tun? Im Internet finde ich eine Petition vom Netzwerk Friedenskooperative. Ich denke an die Mahnwachen bei Ausbruch des Irakkrieges. Früher, und vielleicht auch noch heute, haben Menschen in den Kirchen für Frieden gebetet. Und in einer schamanischen Reise kam von den Geistwesen (Hildegard von Bingen nannte sie Engel) die Antwort, täglich in den vier Himmelsrichtungen um Frieden zu bitten.

Es ist gut, dass unsere Politiker/innen mit diplomatischen Mitteln versuchen, die Krise zu entschärfen. Aber wir dürfen sie in ihrem Bemühen nicht allein lassen.

Gemeinwohl-Ökonomie

Was bedeutet heutzutage „alternativ“? Welche Projekte können zur Veränderung einer Wirtschafts- und Lebensweise beitragen, die die Welt in den Ruin führt?

Auf der Suche nach einer Antwort stieß ich auf die „Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung“. Anstoß für diese weltweit wachsende Bewegung gab ein Buch von Christian Felber über Gemeinwohl-Ökonomie, das 2010 erschien.

Die zugehörigen Unternehmen setzen sich aktiv für ein Wirtschaftssystem ein, das nicht auf Gewinnmaximierung sondern am Gemeinwohl ausgerichtet ist. In einer Gemeinwohl-Bilanz wird anhand differenzierter Kriterien evaluiert, wie in den verschiedenen Bereichen (Eigentümer und Finanzpartner, Lieferanten etc.) Menschenwürde, Nachhaltigkeit, Transparenz, Gerechtigkeit, Mitentscheidung und weitere Merkmale im Unternehmen umgesetzt werden.

Über 500 Firmen, Start-ups, Gesundheitseinrichtungen und Hochschulen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol haben sich bereits der Gemeinwohl-Ökonomie verpflichtet. Darunter sind auch größere Unternehmen wie Sonnentor (Biotees, Kräuter und Gewürze), Vaude (Outdoor-Ausrüstung), die Hochschule Bremen und die Sparda-Bank München.

Auch Städte schließen sich der Bewegung an, unter anderen Wien, Mannheim, Stuttgart und Münster. In Höxter/Ostwestfalen soll die erste Gemeinwohl-Region in Deutschland entstehen. Sind das nicht Lichtblicke am Horizont in einer Corona gebeutelten Zeit?!

Auf Asphalt einhacken, dicke Bretter bohren

Aufwachend spürte ich im Halbschlaf eine Bewegung, die ich im Traum gemacht hatte. Ich hatte auf Asphalt eingehackt, der zwei Bäume zu ersticken drohte. Alle reden davon, dass sich grundlegend etwas ändern muss, aber wie? Mit der Hacke auf Asphalt losgehen?

„Es sind dicke Bretter zu bohren, damit sich grundlegend etwas ändert an unserem Wirtschaftssystem,“ hatte kürzlich eine Freundin gesagt. Und mir gleichzeitig den Hinweis gegeben, mal unter „Gemeinwohl-Ökonomie“ im Internet nachzuschauen. Das tat ich – und sah einen Lichtschimmer am Horizont.

„Gemeinwohl-Ökonomie“ bezeichnet ein Wirtschaftssystem, das das gute Leben für alle zum Ziel hat – einschließlich der Pflanzen, Tiere und der Erde selbst. Christian Felber, Autor des Buches „Gemeinwohl-Ökonomie“, hat gemeinsam mit anderen die Bewegung gegründet, der sich mittlerweile über 500 Unternehmen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol angeschlossen haben. Darunter auch größere Firmen wie Vaude (Outdoor-Ausrüstung), Sonnentor (Biotees, Kräuter und Gewürze), die Sparda-Bank München und die Hochschule Bremen.

Die Unternehmen müssen anhand von Kriterien wie Nachhaltigkeit, Transparenz, Menschenwürde, Solidarität, Gerechtigkeit und anderen eine differenzierte Bilanz erstellen, um als Gemeinwohl zertifiziert zu gelten. Das ist doch mal ein Schritt in eine Zukunft, in der nicht Gewinnmaximierung sondern das Wohl aller Wesen an erster Stelle steht.

Lichtmeß 2022

Vier Sonnenfeste und vier Mondfeste sind „Fest“punkte, Fixpunkte im Jahreskreislauf und wurden in alten Kulturen – und auch heute noch auf unterschiedliche Art – gefeiert. Die Sonnenfeste sind Frühlingsanfang (oder auch Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche) Sommersonnenwende, Herbstanfang (oder Herbst-Tag-und-Nachtgleiche) und die Wintersonnenwende.

Weniger bekannt sind die dazwischen liegenden Mondfeste, Lichtmeß Anfang Februar (Imbolc ist die keltische Bezeichnung), Walpurgis (Beltane) Ende April/Anfang Mai, das Kräuterweihfest (Lugnasad) im August und das Dunkelheitsfest (Allerheiligen/Allerseelen, Halloween oder keltisch Samhain) Ende Oktober/Anfang November.

Lichtmeß ist ein Fest der zunehmenden Mondsichel. So wie das Licht deutlich wahrnehmbar zunimmt, wächst auch die Mondsichel. Dieses Jahr, 2022, fällt Neumond auf den 1. Februar, kurz danach zeigt sich die schmale Sichel wieder am Abendhimmel im Westen. Das passt gut, da Lichtmeß traditionell Anfang Februar begangen wird.

Den zunehmenden Mond/die Mondin am Himmel zu suchen, kann eine Möglichkeit sein, sich auf die Energie der Jahreszeit einzuschwingen. Verbunden mit dem Wunsch, der Bitte um Erneuerung, um Reinigung und Klarheit für das, was im neuen Jahr ins Leben kommen möchte. So bietet uns die Natur selbst, der Zyklus des Jahres in unseren Breitengraden, einen spirituellen Rahmen, ohne dass man/frau sich auf eine bestimmte Religion oder Konvention beziehen muss.

Erfahrungen mit Grünlilien

Eine Zeitlang mochte ich keine Grünlilien, diese unverwüstlichen Zimmerpflanzen mit den lang herabhängenden Ablegern, Kindeln genannt. Vielleicht lag meine Abneigung daran, dass ich als Kind verpflichtet war, unsere Grünlilien regelmäßig zu gießen, wozu ich nicht unbedingt Lust hatte. Oder weil die harmlosen Pflanzen einige belastende Kindheitserfahrungen von mir mitbekommen haben, die ich eine Zeitlang erfolgreich verdrängt habe.

Wie dem auch sei, sowohl mit den damaligen Erlebnissen als auch mit Grünlilien habe ich inzwischen meinen Frieden geschlossen. Ja, die so unglaublich wuchsfreudigen, zähen Pflanzen weiß ich mittlerweile richtig zu schätzen. Sie stammen aus Südafrika, einem Kontinent, dem ich mich von Kind an verbunden fühle. Und sie verbessern das Raumklima, indem sie bis zu 95% der Schadstoffe von Formaldehyd und Kohlenmonoxid aufnehmen und verarbeiten.

Regelmäßig ziehe ich aus den zahlreichen Ablegern neue Pflanzen und verschenke sie. Neulich habe ich eine große Pflanze weggegeben und sie hinterher tatsächlich vermisst, wie ein gutes Buch oder eine Freundin, die plötzlich aus dem Leben verschwunden sind. Da habe ich mich doch ein wenig über mich selber wundern müssen…

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