Leerzeiten – Lehrzeiten

Meine Enkelkinder waren abgereist, und es war mit einem Mal wieder ruhig im Haus. Ich brauche immer etwas Zeit, um mich daran zu gewöhnen. Es war gut, dass sie da waren. Und es ist auch gut, wieder allein zu sein. Trotzdem – es gibt eine Übergangszeit, eine gewisse Leere macht sich breit…

Ich lege mich aufs Sofa und ruhe ein wenig aus. In den Tagen, als das Haus voll war, hatte ich keine Muße, um in meinem Blog zu schreiben. Auch wenn ich zwischendurch ein Stündchen Zeit hatte, fiel mir nichts ein. Doch jetzt fängt die Quelle wieder an, zu sprudeln.

Plötzlich habe ich den Titel für einen neuen Blog im Kopf: Leerzeiten sind Lehrzeiten. Habe ich es nicht schon häufiger erlebt, dass in Zeiten von Langeweile und Leere unerwartet eine Idee, eine wertvolle Anregung auftauchte? So ist es auch jetzt.

Ich kann mich darauf verlassen. Und diese Übergangszeiten, die nicht immer angenehm sind, gelassen durchleben.

Wie man aneinander vorbei reden kann

Von einigen guten Bekannten erwarte ich, dass sie verstehen, was ich sage. Und bin dann komplett überrascht, wenn auf einen Satz, der mir völlig verständlich erscheint, eine Reaktion erfolgt, die mit dem von mir Gemeinten überhaupt nichts zu tun hat.

Ein Beispiel. Wir sprechen über Literatur, die uns interessiert. Ich erzähle, dass ich vor allem an Büchern Interesse habe, die mir eine neue Sicht auf die Welt vermitteln. Das sind für mich unter anderem Werke von afrikanischen Schriftstellerinnen und Autoren oder die Bücher der Journalistin Charlotte Wiedemann über die vielgestaltige, muslimische Welt. Ganz selbstverständlich gehe ich davon aus, dass allen klar ist, dass ich von zeitgenössischer Literatur und von der heutigen Weltlage rede.

Die Antwort einer Bekannten verwundert und verwirrt mich zunächst. Sie erzählt, dass sie schon in ihrer Kindheit in den 50er Jahren Bücher über fremde Völker gelesen hat. Was hat das mit meinem Interesse zu tun, die Welt im 21. Jahrhundert zu verstehen, frage ich mich.

Damals wurden fremde Völker vor allem als exotisch beschrieben, als „die Anderen“, unterentwickelt, aber naturverbunden. Für Ethnologen sicher interessant, aber zum Verständnis der Welt im 21. Jahrhundert – außer zu historischen Forschungen – eher ungeeignet. Ist diese Sicht auf Menschen aus anderen Kulturen noch selbstverständlich bei uns? Nach dem Motto: Sie sind Menschen wie wir, aber mit anderen Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Das nennt man heutzutage „Othering“, das „Anders machen“ von Gruppen, Bevölkerungsteilen, Völkern. Das Konzept von „Diversity“ meint etwas anderes: nämlich dass jeder einzelne Mensch anders ist als alle anderen.

In Kenia ist ein neues Silicon Valley entstanden, IT-Experten aus Indien arbeiten in deutschen Konzernen, südamerikanische Ökonomen entwickeln Vorstellungen von einer Wirtschaftsweise, die nicht auf der Ausbeutung von Erde und Menschen beruht. Für Exotik im Gegensatz zu unserer westlichen industrialisierten Welt gibt es keinen Platz mehr, weder in der Realität noch im Denken.

Über Yoga und Heimat

„Was bedeutet Yoga für dich?“ wurde Bea, meine Yogalehrerin, kürzlich gefragt. Sie hielt einen Moment inne und sagte dann: „Yoga bedeutet für mich Heimat.“

Bea Kleine-Wolf unterrichtet ein Yoga, bei dem es darum geht, ganz im Hier und Jetzt zu sein. Mit Körper, Geist und Seele. Wie wunderbar, im Hier und Jetzt beheimatet zu sein! Dann kann man sich zu jeder Zeit und an jedem Ort auf dieser Erde zu Hause fühlen. In einem entspannten Körper, mit einem ruhigen Geist und einer wachen, lichten Seele.

Martin Prechtel, ein indigener schamanischer Heiler aus den USA, der lange bei einem Schamanen aus dem Volk der Maya gelernt hat, spricht vom Welthaus unseres Körpers. Die Aufgabe der Schamanen und Schamaninnen ist es, das Welthaus des Körpers wieder aufzubauen, wenn es verbrannt oder abgebaut, zerstückelt oder vernachlässigt ist. Zu diesem Aufbau trägt ein achtsames Yoga mit Sicherheit bei!

Unser Körper ist die Welt, und die Welt, die Erde, ist ein großer Körper. Wenn wir in unserem Körper beheimatet sind, sind wir auch in der Welt zu Hause.

Unterschiedliche Arten zu trommeln

Ein Zufall brachte mich auf ein schamanisches Festival. Dort machte ich eine überraschende Erfahrung. Ich lag warm und gemütlich in meinem Zelt und war am Einschlafen. Vom Platz herüber hörte ich Trommeln. Ich trommele selbst seit Jahrzehnten bei bestimmten Anlässen und liebe die Klänge der Trommel. Aber diesmal gingen sie mir auf den Geist!

Der Rhythmus klang in meinen Ohren wie Marschmusik, eins, zwei, drei, vier, eins, zwei… Mit der Betonung auf eins. Immer wenn es leiser wurde und das Trommeln zum Abschluss zu kommen schien, gab wieder jemand einen schnellen Takt vor und alle fielen erneut ein. Mir kam es wie ein Wettstreit vor – wer hält am längsten durch.

Am nächsten Tag hörte ich von einer der Beteiligten, dass eine unglaublich starke Energie in dem Trommelkreis entstanden wäre. Und ich musste an die unterschiedlichen Arten denken, wie die Trommeln in der Altairegion benutzt wird.

Fünf Länder teilen sich das Altaigebirge, Kasachstan, die Republik Altai, Tuva, die Mongolei und China. In Tuva und der Mongolei ist heftiges, lautes Trommeln an der Tagesordnung. In der Republik Altai hingegen wird die Trommel nur in Heilungssitzungen angewandt, wenn es darum geht, ein besonders schweres Problem zu lösen. Das Land ist zu empfindlich, sagte mir dort eine Schamanin, als ich sie fragte, warum sie nicht trommelt.

Ein Regenschauer beendete die nächtliche Trommelsession auf dem Festival. Danach setzte ein starker Sturm ein, der einiges an Verwüstung mit sich brachte.

Unsere Bäche – Mitmachaktion!

Bäche erforschen, dazu ruft die ARD gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in einer Mitmachaktion auf. Bäche machen 70 % unserer Fließgewässer aus, und ihr Zustand ist kaum untersucht. Wer hat Lust, sich einen Bach in der Nähe mal genau anzuschauen und anzuhören?

Unter www.swr.de findet man einen Fragebogen, den man leicht am Handy ausfüllen kann. Es wird unter anderem nach dem Verlauf des Baches, den Geräuschen, der Umgebung und dem Gewässergrund gefragt. Auch Fotos müssen hochgeladen werden.

Das Schaumburger Wochenblatt unterstützt die Aktion, und in Rinteln sind der Nabu und die IGS mit von der Partie. Quellen und Bäche sind eine Besonderheit unseres Landkreises, selten findet man so viele unterschiedliche auf einem Gebiet. Da gibt es Eisen- und Schwefelquellen, Salzbäche und in einem regenreichen Frühjahr Dutzende kleiner Sickerbäche.

Jedes Mal, wenn ich am Liethbach bin und seinem Murmeln und Plätschern lausche, öffnet sich mein Herz. Seit Jahrzehnten erforsche ich die Quellen und Bäche im Schaumburger Land, bemerke immer wieder Neues und berichte darüber unter den verschiedensten Aspekte in einer Broschüre. Es ist eine große Bereicherung, diese kleinen, oft unscheinbaren Gewässer zu entdecken!

Die Angst ist der Weg

Die Angst ist der Weg. Dieser Spruch einer weisen Frau fiel mir ein, als ich kurz mal eben in schicker „Stadtkleidung“ statt im Gartenoutfit ein paar Zweige abschnitt, die meine Ausfahrt behinderten. Ein Nachbar kam vorbei und schaute merkwürdig, jedenfalls kam es mir so vor. Was soll`s.

Wie viele heimliche, kleine, selten bewusste Ängste begleiten uns durch den Tag. Die Angst, nicht richtig für irgendeinen Anlass gekleidet zu sein, die Angst, an der falschen Stelle ein falsches Wort zu sagen, die Angst, jemanden nicht zu erkennen, der/die einen begrüßt, die Angst, zu viel, zu wenig, nicht das richtige zu essen etc. etc. Wenn man einmal anfängt, darauf zu achten, fallen einem viele Situationen ein.

Was soll`s! Ängste hin oder her, wichtig ist es, trotzdem zu tun, was man/frau tun möchte. Der Weg zu sich selbst führt durch die Angst hindurch. Und mit der Zeit bemerkt man zwar vielleicht noch, dass da irgendwo ein Ängstlein hockt, aber man sagt sich: Was soll`s!

Übrigens führen einige diese Ängste auf die Zeit der Hexenverfolgung zurück, als es tatsächlich lebensgefährlich sein konnte, aus der Rolle zu fallen und sich anders zu benehmen als vom Umfeld erwartet. Aber die Zeit der Hexenverfolgung ist – zumindest in Deutschland – vorbei!

Herausforderungen annehmen

Seit 2,3 Jahren bin ich nicht mehr mit dem Rad in die nahegelegene Kreisstadt gefahren, ca. 10,12 Kilometer entfernt. Ausreden gab es immer. Dabei war das früher für mich selbstverständlich, auch ohne E-Bike.

Und nun mache ich beim Stadtradeln mit, eine Challenge des Klimabündnisses. Seit dem 26. Mai dieses Jahres nehmen die unterschiedlichsten Teams aus vielen Städten daran teil. Drei Wochen lang wird jeder Kilometer gezählt, und natürlich möchte jedes Team weit vorne landen bei der Schlusswertung.

Ich schwankte hin und her. Soll ich wieder einmal den Weg in die Kreisstadt mit dem Fahrrad wagen? Vormittags oder nachmittags (da bin ich nicht mehr so fit..)? Ist der Akku ausreichend geladen? Und was ist, wenn es regnet?

Ich entschied mich schließlich dafür, vormittags zu fahren, auch wenn das meinen Tagesablauf etwas durcheinander brachte. Und es sah nach Regen aus, auch wenn die Wettervoraussage erst für abends Niederschlag meldete. Innerlich schickte ich einen Pfeil voraus, der mir einen guten Weg bahnen sollte.

Und es wurde ein guter Weg. Nicht ohne Anstrengungen, trotz E-Bike, mit ein paar Regentropfen, aber belebend.

Über das Bewusstsein der Erde und der Menschen

Ich hatte Holz geschleppt und war gestürzt. Nach der ersten Schockstarre folgten die Schmerzen, eine starke Verspannung mit argem Muskelkater. Als ich mein Bein stöhnend reckte und streckte, kam mir plötzlich ein überraschender Gedanke in den Sinn.

Ob die Erde wohl auch Schmerzen empfindet, so wie wir? Ob es ihr weh tut, so wie mir jetzt der Muskelkater, dass Menschen in der Erde herumgewühlt haben, um Kohle abzubauen? Dass Menschen mit schwerem Gerät auf dem weichen Waldboden fahren, um Bäume zu fällen? Um nur ein paar Beispiele aus meinem Umfeld zu nennen.

Könnte es sein, dass die Erde, die in anderen Zyklen lebt als wir Menschen, für Jahrhunderte in Schockstarre gefallen ist und langsam diese Starre nachlässt, und sie den Schmerz empfindet?

Und könnte es sein, dass sich diese Schmerzen auf telepathischem Wege uns westlichen Menschen mitteilen und ein Anstoß für die Umweltbewegung sind?

Zugegeben, eine ungewöhnliche Überlegung.

Indigene Völker, die nie aus dem engen Kontakt mit der Erde herausgefallen sind, haben die Kommunikation und das Mitgefühl mit der Erde über alle Zeiten bewahrt.

Über Wurzeln und Menschen

Eine Nachbarin hat mich überredet, ein Hochbeet anzulegen. Vorher musste ich jedoch eine Menge sogenanntes Unkraut jäten – Vergissmeinnnicht, Knoblauchrauke, Gräser und mehr. Langsam zog ich ein Kraut nach dem anderen aus der Erde.

Noch nie war mir so deutlich aufgefallen, wie unterschiedlich sich die Pflanzen im Boden verwurzeln. Da gab es lange, möhrenähnliche Wurzeln, nahe der Oberfläche weit verzweigte kleine Wurzeln und tiefreichende mit zahlreichen zarten Würzelchen.

Ich fragte mich, ob es bei uns Menschen ähnlich ist. Einige wurzeln rasch wie die Vergissmeinnnicht, sind vielfältig, wenn auch nicht besonders fest, vernetzt. Andere brauchen lange, um sich tief in der Erde, im übertragenen Sinn einer Beziehung, zu verwurzeln. Und wieder andere wurzeln tief und strecken gleichzeitig zahlreiche dünnere Würzelchen nach allen Seiten aus.

Vielleicht sollten wir an diesen Vergleich denken, wenn wir über Flüchtlinge sprechen. Manche schaffen es schnell, in der fremden Erde, der neuen Gesellschaft, ihren Platz zu finden. Andere brauchen lange, um ihre Wurzeln hier auszustrecken und für manche ist unser Boden, unsere Gesellschaft kein geeigneter Platz zum Leben.

Welchen Traum träumen wir?

Ich war erschrocken, als mir eine Freundin von Bekannten erzählte, die davon ausgehen, dass es 2025 zu einem großen Crash kommen wird. Zu einem Krieg, an dem auch unser Land direkt beteiligt ist.

Nicht irgendwelche beliebigen Bekannten waren das, sondern Menschen, die ihren Alltag recht bewusst leben. „Wie könnt ihr nur so reden“, hätte ich ihnen am liebsten zugerufen. „Wisst ihr nicht, dass die Energie der Aufmerksamkeit folgt?“

Natürlich kann es sein, dass unser Geist ab und zu droht, von dunklen Gedanken überwältigt zu werden. Aber dann ist es unsere Aufgabe als bewusst lebende Wesen, unserem Denken (den Affen, die in unserem Kopf herum springen…) Einhalt zu gebieten. Und uns innerlich umzupolen auf die 5, 10, 20 oder vielleicht sogar mehr Prozent, dass es gute Lösungen für alle Konflikte geben wird.

Das beste Beispiel für die vollkommen überraschende gewaltfreie Auflösung eines jahrzehntelangen Konflikts ist für mich der Fall der Mauer 1989. Noch eine Woche vorher hätte sich das niemand vorstellen können!

Also, auch wenn unser Verstand versagt, und wir uns keine guten Entwicklungen vorstellen können, lasst uns innerlich einen Freiraum offen halten von 5, 10 oder mehr Prozent für positive Prozesse jenseits unserer begrenzten Vorstellungskraft. Und lasst uns das auch kommunizieren!

Vergessen wir nicht den alten schamanischen Grundsatz, dass die Energie der Aufmerksamkeit folgt. Und dass die Welt sich webt aus unseren Vorstellungen, unseren bewussten und unbewussten Träumen…

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