Es gibt Zeiten, in denen es schwer ist, in Balance zu bleiben. Eine Freundin ist überraschend gestorben, mein Vater ist dement und in ein Pflegeheim gekommen. Ein Teil meiner Welt muss sich neu ordnen, neu arrangieren… Was mich jeden Morgen gut in den Tag gehen lässt und mir besonders in solchen Situationen hilft, im Gleichgewicht zu bleiben, ist mein morgendliches Ritual im Garten. „Meditative Morgengymnastik“ nannte ich es, als neulich eine Nachbarin, die mit ihrem Hund unterwegs war, interessiert stehenblieb.
Mit diesem kleinen Ritual verbinde ich mich mit allem, was lebt. Mit weit ausholenden Armbewegungen begrüße ich den Himmel und die Erde, Sonne, Mond und Sterne, die vier Richtungen, den Osten, Süden, Westen und Norden, und alle Lebewesen auf der Erde, die Tiere, Pflanzen und Steine, die Menschen und die unsichtbaren Wesen.
Der Himmel – so veränderlich,
die Erde – wie gut sie sich anfühlt,
die Sonne – ich danke ihr für die Kraft, die sie mir schenkt,
der Mond, die Mondin, die Sterne – zu einigen spüre ich eine intensive Verbindung, auch wenn sie
nicht zu sehen sind,
der Osten – der Ort, wo die Sonne aufgeht, ein Ort der neuen Anfänge,
der Süden – dort steht die Sonne am höchsten am Himmel,
der Westen – der Ort, wo die Sonne untergeht und alles mitnimmt, was wir nicht mehr brauchen,
der Norden – ein Ort der Ruhe, wo die Sonne nie zu sehen ist.
Und dann all die Lebewesen, die uns Menschen begleiten in unserem Leben hier auf der Erde, manche mehr, manche weniger intensiv. Bei mir sind es neben den Menschen und den unsichtbaren Wesen vor allem die Pflanzen, mit denen ich in Kontakt bin, bei anderen sind es Tiere oder Steine…
Was für eine Fülle an Leben! Einmal damit verbunden, eingewoben in das Netz des Lebens, schwinden Gefühle von Einsamkeit und Desorientierung. Hier ist mein Platz, ich tue, was ich kann, so ist es gut.
Cornelia Künzel
Die Energie der Osterfeuer
Vor etlichen Jahren, Jahrzehnten, fuhr ich an einem Ostersamstag gegen Abend von Hannover nach Stadthagen. Ich war gerade frisch ins Schaumburger Land gezogen und mit den hiesigen Gepflogenheiten noch nicht vertraut. An diesem Abend entdeckte ich etwas, das mir meinen neuen Lebensraum auf Anhieb sympathisch machte: Osterfeuer. Ab Bad Nenndorf loderten überall in der Ebene Feuer, große und kleinere, Dutzende mögen es gewesen sein. Ich atmete tief den Rauch ein, den der Wind ins Auto wehte, und war glücklich, selbst wenn ich an diesem Abend nicht, wie in späteren Jahren, selber an einem der Feuer stand.
Allein der Anblick der Feuer weckte meine Lebensgeister, berührte meine wilde Seele, die sich nach dem Atem der Jahreszeiten, nach unmittelbarer, direkter Verbindung zu den vier Elementen, Feuer, Erde, Wasser und Luft sehnte, nachdem ich lange in Städten gelebt hatte. Sicher, auch in Hannover, in Göttingen, in Celle gibt es Parks mit wunderschönen, alten Bäumen, Flüsse, Seen. Doch die mächtigen Osterfeuer waren und sind etwas anderes. Ursprünglicher, ungezähmter sprechen sie mit ihrer wilden Kraft verborgene Saiten unsere Seele an, die in der technisierten Welt keinen Platz finden.
Martin Prechtel, ein indianischer Schamane, schreibt in seinem Buch „Die Geheimnisse des Jaguars“ über die „obdachlose Seele“ des Menschen, die in unserem Leben kein Zuhause findet und „zu einem Flüchtling im Welthaus unseres Körpers (wird) und versucht sich irgendwo zu verstecken, damit unser Verstand sie nicht findet.“ Die unbändige Energie des Feuers lockt diesen obdachlosen Teil unserer Seele aus seinem Versteck.
Veranstaltung „Entwicklung schamanisch Praktizierender in Deutschland“
Ich möchte euch auf eine Veranstaltung hinweisen, auf der ich eine Zusammenfassung über die Forschungsergebnisse meines Projekts „Entwicklung schamanisch Praktizierender in Deutschland“ gebe. Geplant ist ein kurzer Vortrag, anschließend ist Zeit für Gespräch.
Mit 20 Menschen aus Deutschland, die schamanisch praktizieren, habe ich Interviews über ihre Kindheit und Jugend, Berufungsphase, Initiation und Lehrzeit durchgeführt und dies mit dem Lebensweg von Schaman/innen aus indigenen Kulturen verglichen. Dabei bin ich auf prägnante Gemeinsamkeiten und Unterschiede gestoßen.
Freitag, 13.4.18, 19 Uhr in der Praxis Courage von Ilka Franke, 31552 Rodenberg, Maschwiese 12.
Für Interessierte, die nicht teilnehmen können: Die Forschungsergebnisse sind in einer Studie erschienen, die der Weissensee-Verlag Berlin herausgegeben hat unter dem Titel: „Schamanische Entwicklungswege“ von Cornelia Künzel, ISBN 978-3-89998-246-6.
Frühlingsanfang am Hohenstein
Jedes Jahr zieht es mich um Frühlingsanfang und Ostern zum Hohenstein im Süntel, hoch aufragenden Klippen bei Hessisch-Oldendorf im Wesertal. Hier wachsen neben Schlüsselblumen, Buschwindröschen, Küchenschelle, weißem und rosa-lila Lerchensporn seltene Frühblüher wie Seidelbast und die blauen Leberblümchen. Früher soll die Frühlingsgöttin Ostara an diesem Ort verehrt worden sein.
Einmal tauchte der Hohenstein in einer schamanischen Reise auf. Eine Frau, die mit Leib und Seele Tai Chi machte und eine Ausbildung abgeschlossen hatte, um ihre Kenntnisse weiterzugeben, wagte es nicht, diesen Schritt zu tun. In der schamanischen Reise fragte ich, wie sie diese Blockade überwinden könne. Als Antwort kam ein Hinweis auf den Hohenstein. Der Hohenstein sei ein Ort der Initiation, sie solle dorthin gehen, das würde ihr die Kraft für den neuen Schritt in ihrem Leben geben. Und so war es tatsächlich.
Ich selber habe vor Jahren eine ähnliche Erfahrung gemacht, als ich an einem Ostertag auf dem Plateau des Felsmassivs unterwegs war. Unverhofft traf ich dort auf eine Freundin, wir unterhielten uns über dieses und jenes, und sie fragte mich, wann ich endlich anfangen würde, meine Erlebnisse an Quellen aufzuschreiben. Diese Frage war für mich ein Startschuß, eine Initialzündung. Noch am selben Abend fing ich an, das erste Kapitel einer Broschüre über Quellen im Schaumburger Land zu schreiben.
Niemand kann wissen, ob dieselbe Frage zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort die gleiche Wirkung gehabt hätte. Aber es war die Zeit um Frühlingsanfang am Hohenstein, und Synchronizitäten werden im Schamanismus als Zeichen dafür gewertet, dass etwas stimmig ist.
Geomantisches zum neuen Klinikum
Als die Baugrube für die neue Klinik in Obernkirchen ausgehoben wurde, waren wir mit unserer Geomantiegruppe dort, um den Platz energetisch zu erkunden. Geomantie beschäftigt sich mit den Energien der Erde, eine europäische Variante des Feng-Shui. Was wir vor Ort erlebten, war eine echte Überraschung für uns.
Wir hatten angenommen, dass die Erde, die Naturwesen wie Zwerge, Gnome, Elfen, sich dem Bau genauso widersetzen würden wie viele Menschen, die die Einschränkung des Naherholungsgebiets nicht hinnehmen wollten. Doch das Gegenteil war der Fall. Naturwesen teilten uns mit, dass es gut und richtig sei, das Krankenhaus gerade in diesem schönen Gebiet in der Nähe eines kleinen Flüsschens, der Aue, zu errichten. Wir sollten unseren Kranken die bestmögliche Umgebung für Heilung zukommen lassen. Das einzige, was sich die Naturwesen wünschten, war ein großer Stein im Eingangsbereich der Klinik.
Inzwischen ist der Bau fertiggestellt und tatsächlich liegen in der Nähe des Eingangs einige mächtige Steine. Das Haus ist eingeweiht, und seit ein paar Monaten werden Kranke behandelt. Doch in vielen Gesprächen werden Unmut, Ängste und Ärger über die Situation in der Klinik laut, den Personalmangel, die fehlende Kinderabteilung…
Die Aue, das Flüsschen unterhalb der Klinik, schickte kürzlich einen Hilferuf an uns Geomantinnen los. Es ist mit diesen negativen Emotionen überfordert (was nicht heißt, dass sie keine Berechtigung haben). Da wir Menschen über den Atem mit allem verbunden sind, könnnen starke menschliche Gefühle auch auf das Element Wasser einwirken. Alles ist miteinander vernetzt, wir erhalten Unterstützung durch die Elemente – der Wind weht trübe Gedanken fort, das Wasser reinigt, Feuer verbrennt. Und nun benötigt die Aue Unterstützung von uns Menschen.
Der Flussgeist wünscht sich Blumen. Blumengebinde, die wie kleine Schiffchen den Fluss hinuntersegeln, ihn beleben, ihm Freude spenden.
Die Schwefelquelle in den Bückebergen
Vor ein paar Tagen besuchte ich die Schwefelquelle in Wendthagen bei Stadthagen, um Wasser zu holen. Die Sonne verschwand im Dunst, Bäume und Moos zeigten sich in matten Braun- und Grünfarben. Mit einem Gruß an die Quellgeister betrat ich den Kreis von Erlen und Buchen mit knorrigem Wurzelwerk rund um das überdachte Quellbecken. Doch irgendetwas fehlte – aber was? Erst als ich meine Hände in dem kräftigen Wasserstrahl wusch, bemerkte ich, dass von dem typischen Schwefelgeruch nichts wahrzunehmen war. Auch ein Schluck Wasser schmeckte nicht wie sonst recht intensiv – um nicht zu sagen: faulig -, sondern neutral. Die typischen weißen Schwefelschlieren waren nach wie vor in dem Becken zu sehen.
Ich füllte den Glasbehälter mit Wasser. Zu Hause lasse ich das Wasser 1,2 Tage offen stehen, dann verflüchtigt sich der Schwefel, und man hat gutes Tee- oder Kaffeewasser. Doch es schadet nichts, mal einen Schluck von dem schwefeligen Wasser zu nehmen, denn Schwefel fördert Ausscheidungsprozesse und die Reinigung der Haut. Auch bei Vergesslichkeit, Faulheit, Desinteresse und launischem Gemüt soll Schwefel helfen – es unterstützt dabei, sich den dunklen Seiten des Lebens zu stellen und sie zu überwinden.
Manchmal hole ich Wasser aus der Eisenquelle bei Brandshof in den Bückebergen, Fürstenbrunnen genannt. Auch hier läuft das Wasser aus einem Rohr in ein Sandsteinbecken, und weiter in einen namenlosen, wunderschönen Bach. Das Eisen färbt die Erde terrarot, auch mein Glasbehälter hat diese Färbung inzwischen angenommen.
Eva-Gesine Wegner, eine Bildhauerin, hat Skulpturen aus Alabaster als Dank für das Wasser und die Quellgeister geschaffen. Im Odenwald ist so der Skulpturenpfad „Quellendank“ entstanden, auf dem einige ihrer Werke zu sehen sind. Leider hatte der Versuch, in Obernkirchen eine Skulptur von ihr für die dortigen Quellen aufzustellen, keinen Erfolg.
Hermann Hesse – ein Schamane?
Schaman/innen früher und heute, hier und anderswo
Als ich kürzlich etwas über das Leben des Dichters und Schriftstellers Hermann Hesse erfuhr, fielen mir die Interviews ein, die ich mit Menschen geführt habe, die schamanische Arbeit machen. Die erste Hälfte von Hesses Lebensweg war dornig: er floh aus einer Schule und brach zwei Ausbildungen ab, bevor er eine Buchhändlerlehre beendete. Ein Suizidversuch und Nervenkrisen schüttelten ihn, bevor er innerlich zur Ruhe kam,
In den zwanzig Interviews mit schamanisch Praktizierenden aus Deutschland stieß ich auf etliche ähnlich schwierige Entwicklungswege. In Sibirien wurde dafür der Begriff „Schamanenkrankheit“ geprägt. Schamanenanwärter durchleben körperliche, psychische und soziale Krisen, bevor sie sich ihrer Berufung stellen – oder bevor überhaupt klar wird, dass es einen Ruf aus der Geistwelt, von den Spirits gibt, heilend tätig zu werden. Das Spannende ist, dass die Krankheitssymptome im Allgemeinen verschwinden, wenn die Betroffenen diese Berufung annehmen.
Schaman/innen in indigenen Kulturen waren und sind Ärzte, Priesterinnen, Sozialarbeiter, Psychologinnen, Sänger, Künstlerinnen und Dichter. Ihre Aufgabe ist es, das Leben einzelner und der Gemeinschaft in Harmonie mit der Natur und dem Kosmos zu erhalten. In unserer modernen Kultur verteilen sich diese Funktionen auf verschiedene Berufsfelder.
Ich würde den Dichter Hermann Hesse nicht als Schamanen bezeichnen – aber auch seine Werke haben eine heilsame Wirkung.
P.S. Ein Hinweis auf die Veröffentlichung der Interviews ist unter „Schamanische Entwicklungswege“ zu finden.
Schamanische Entwicklungswege
Jahrelang beschäftigte mich eine provozierende Fragestellung:
Sollte es für unspezifische Krankheiten, starke Unruhe, unberechenbares soziales Verhalten, Essstörungen, Verrückt-Sein ein völlig neues Erklärungsmodell geben, jenseits von Schulmedizin und Psychologie? Ein Paradigma, das zumindest für uns im Westen neu ist, während es bei indigenen Völkern auf der ganzen Welt bekannt ist?
Auf diese gedankliche Spur brachte mich ein Buch der Ethnologin Amelie Schenk, in dem sie ihre Feldforschungen bei Schaman/innen im tibetischen Ladakh beschreibt. Dort sind oben beschriebene Phänomene typische Krankheiten und Verhaltensweisen, bevor sich, oft in langwierigen Untersuchungen, herausstellt, dass jemand dazu berufen ist, schamanisch zu arbeiten. Mit der Annahme der Berufung zum Heilen verschwinden diese Phänomene interessanterweise.
Ich beschloss, ähnliche Untersuchungen in Deutschland zu betreiben. In 20 Interviews befragte ich Menschen aus Deutschland, die schamanisch arbeiten, nach ihrem Entwicklungsweg. Zielsetzung war es, zu klären, ob es auch bei uns typische Entwicklungen bei Menschen gibt, die schamanisch arbeiten und ob Parallelen zu indigenen Kulturen festzustellen sind. Die Interviews ergaben bei aller Unterschiedlichkeit – die übrigens auch bei indigenen Völkern vorhanden ist – spezielle Krisen, Merkmale und Ereignisse. Daher ist es mir ein Anliegen, für dieses Phänomen zu sensibilisieren, ohne damit behaupten zu wollen, es handele sich bei jedem psychisch Kranken um einen Schamanen (so wie auch nicht jeder Bauchschmerz auf eine Blinddarmentzündung zurückzuführen ist).
Der Auswertung der Interviews vorangestellt wird eine Definition des Begriffs „Schaman/in“ sowie eine kurze Einführung ins schamanische Weltbild. Kernstück des Buches sind die Beschreibungen der Kindheit und Jugend von schamanisch Tätigen in Deutschland und bei indigenen Völkern, die krisenhafte Berufungsphase, in Sibirien „Schamanenkrankheit“ genannt, die Initiation und Lehrzeit. Im Anhang ist eine statistische Auswertung der Interviews veröffentlicht, der Fragebogen mit den Leitfragen und 10 vollständige Interviews.
Die Studie ist veröffentlicht unter dem Titel „Schamanische Entwicklungswege“ von Cornelia Künzel und im Weissensee-Verlag Berlin erschienen, ISBN-Nr.978-3-89998-246-6.
Das Medizinrad
Am Wochenende haben wir ein Medizinrad abgebaut, weil der Platz im Sommerhalbjahr anderweitig genutzt wird. Das Mandala aus 36 Steinen sah wunderschön aus im Schnee. In der Mitte liegt der Schöpferstein, um ihn herum in einem kleinen Kreis Steine für die Erde, Sonne, Mond und die vier Elemente und ihre Hüter. In dem großen Außenkreis sind Steine für den Osten, Süden, Westen und Norden und für die Tierkreiszeichen. Von jeder Richtung führt ein Pfad aus drei Steinen in die Mitte.
Bevor wir das Medizinrad abbauten, nahmen wir noch einmal bewusst seine Energie wahr. Ein Stück außerhalb des Mandalas herrschte eine freundliche, neutrale Atmosphäre. Direkt am äußeren Kreis stehend beobachte ich eine rasch kreisende Bewegung und einen Zug in die Mitte. Und als ich einen Schritt in das Rad hineingehe, fühle ich mich wie im Zentrum eines Wirbelsturms, an einem Ort wohltuender Ruhe.
Dieses Medizinrad ist nach einer Vision von Sun Bear errichtet, einem Chippewa-Medizinmann (1929-1992). In dem Buch „Das Medizinrad, eine Astrologie der Erde“ hat er zusammen mit Wabun dargelegt, dass das Wissen des Medizinrads dazu dienen soll „alle Menschen unserer Erdmutter und allen Dingen der Schöpfung, die uns umgeben, näher zu bringen.“ Dieses Wissen beinhaltet eine komplexe Philosophie des gesamten Universums. Jeder Stein öffnet den Blick für eine andere Seinsweise, einen anderen Aspekt des Lebens.
Als großes Geschenk betrachte ich eine Erkenntnis, die ich durch das Medizinrad gewonnen habe: man kann aus dem Kreislauf des Lebens nicht herausfallen, gleich was ich tue, wie ich mich fühle, immer bleibe ich auf einer Position des Rades verortet.
Wie bist du eigentlich zum Schamanismus gekommen?
Diese Frage wird mir ab und zu gestellt. Sicher hat es schon in der Kindheit begonnen, aber so weit will ich jetzt nicht zurück gehen. In meinem Erwachsenenleben, Anfang 30, hat es mit Träumen und Vorahnungen begonnen. So träumte ich von einer Freundin, die ich nicht sehr häufig sehe, dass sie schwanger ist – und kurze Zeit später rief sie an und erzählte freudig, dass sie ein Kind erwartet. Zufall? Ich habe dieses scheinbare zufällige Zusammentreffen von Ereignissen ernst genommen und wollte wissen, wie so etwas passieren kann.
Wahrscheinlich hat mich meine Wissbegierde auf den Weg gebracht, eine Neugier, wie sie Kinder empfinden, die die Welt erforschen. Schon als ich klein war, war ich berüchtigt für meine Warum-Fragen. Warum ist dieses so, warum ist jenes so? Wie kommt es, dass ich etwas träume, das ich nicht wissen kann? Erst viel später erfuhr ich, dass die Duplizität, die Gleichzeitigkeit von Begebenheiten im Schamanismus eine wichtige Rolle spielt.
Ich ahnte damals, dass ich von der jetzigen Wissenschaft, die ich aus dem Studium kannte, keine Antwort auf meine Frage bekommen würde und begann, anderswo zu suchen. An der Universität in Hamburg gab es Anfang der 80er Jahre einen Frauen-Kongress mit Workshops, in denen auch esoterische Themen angesprochen wurden. Esoterik, Geheimlehren, hier hoffte ich, weiter zu kommen. Ich stieß auf die Ankündigung eines Tarotseminars, lernte aus Karten zu lesen – und erfuhr wiederum erst sehr viel später, dass zum Beispiel im sibirischen Schamanismus das Wahrsagen als erste Stufe des Schamanismus angesehen wird.
Das war der Beginn, und dann tastete ich mich Schritt für Schritt weiter ins schamanische Universum – Rituale, schamanische Trommelreisen, Visionssuchen in der Wildnis…
Und die Antwort auf meine Frage nach der Koinzidenz, dem Zusammenfallen von meinem Traum und dem Anruf? Das schamanische Weltbild geht davon aus, dass alles beseelt und miteinander verbunden ist, dass es ein Feld gibt, in dem alle Informationen enthalten sind. An dieses Feld war ich offensichtlich im Traum angedockt. Mittlerweile wird auch von einigen Wissenschaftlern dieses Phänomen erforscht. Wer weiß, was es in einigen Jahrzehnten für wissenschaftliche Erklärungen für Dinge geben wird, die heute noch als Phantasterei und Humbug abgetan werden. Wenn jemand vor ein paar hundert Jahren etwas von Radiowellen und Fernsehen erzählt hätte, wäre er wahrscheinlich für verrückt erklärt oder der Hexerei verdächtigt worden.