Vor etlichen Jahren, Jahrzehnten, fuhr ich an einem Ostersamstag gegen Abend von Hannover nach Stadthagen. Ich war gerade frisch ins Schaumburger Land gezogen und mit den hiesigen Gepflogenheiten noch nicht vertraut. An diesem Abend entdeckte ich etwas, das mir meinen neuen Lebensraum auf Anhieb sympathisch machte: Osterfeuer. Ab Bad Nenndorf loderten überall in der Ebene Feuer, große und kleinere, Dutzende mögen es gewesen sein. Ich atmete tief den Rauch ein, den der Wind ins Auto wehte, und war glücklich, selbst wenn ich an diesem Abend nicht, wie in späteren Jahren, selber an einem der Feuer stand.
Allein der Anblick der Feuer weckte meine Lebensgeister, berührte meine wilde Seele, die sich nach dem Atem der Jahreszeiten, nach unmittelbarer, direkter Verbindung zu den vier Elementen, Feuer, Erde, Wasser und Luft sehnte, nachdem ich lange in Städten gelebt hatte. Sicher, auch in Hannover, in Göttingen, in Celle gibt es Parks mit wunderschönen, alten Bäumen, Flüsse, Seen. Doch die mächtigen Osterfeuer waren und sind etwas anderes. Ursprünglicher, ungezähmter sprechen sie mit ihrer wilden Kraft verborgene Saiten unsere Seele an, die in der technisierten Welt keinen Platz finden.
Martin Prechtel, ein indianischer Schamane, schreibt in seinem Buch „Die Geheimnisse des Jaguars“ über die „obdachlose Seele“ des Menschen, die in unserem Leben kein Zuhause findet und „zu einem Flüchtling im Welthaus unseres Körpers (wird) und versucht sich irgendwo zu verstecken, damit unser Verstand sie nicht findet.“ Die unbändige Energie des Feuers lockt diesen obdachlosen Teil unserer Seele aus seinem Versteck.