Vor ein paar Tagen besuchte ich die Schwefelquelle in Wendthagen bei Stadthagen, um Wasser zu holen. Die Sonne verschwand im Dunst, Bäume und Moos zeigten sich in matten Braun- und Grünfarben. Mit einem Gruß an die Quellgeister betrat ich den Kreis von Erlen und Buchen mit knorrigem Wurzelwerk rund um das überdachte Quellbecken. Doch irgendetwas fehlte – aber was? Erst als ich meine Hände in dem kräftigen Wasserstrahl wusch, bemerkte ich, dass von dem typischen Schwefelgeruch nichts wahrzunehmen war. Auch ein Schluck Wasser schmeckte nicht wie sonst recht intensiv – um nicht zu sagen: faulig -, sondern neutral. Die typischen weißen Schwefelschlieren waren nach wie vor in dem Becken zu sehen.
Ich füllte den Glasbehälter mit Wasser. Zu Hause lasse ich das Wasser 1,2 Tage offen stehen, dann verflüchtigt sich der Schwefel, und man hat gutes Tee- oder Kaffeewasser. Doch es schadet nichts, mal einen Schluck von dem schwefeligen Wasser zu nehmen, denn Schwefel fördert Ausscheidungsprozesse und die Reinigung der Haut. Auch bei Vergesslichkeit, Faulheit, Desinteresse und launischem Gemüt soll Schwefel helfen – es unterstützt dabei, sich den dunklen Seiten des Lebens zu stellen und sie zu überwinden.
Manchmal hole ich Wasser aus der Eisenquelle bei Brandshof in den Bückebergen, Fürstenbrunnen genannt. Auch hier läuft das Wasser aus einem Rohr in ein Sandsteinbecken, und weiter in einen namenlosen, wunderschönen Bach. Das Eisen färbt die Erde terrarot, auch mein Glasbehälter hat diese Färbung inzwischen angenommen.
Eva-Gesine Wegner, eine Bildhauerin, hat Skulpturen aus Alabaster als Dank für das Wasser und die Quellgeister geschaffen. Im Odenwald ist so der Skulpturenpfad „Quellendank“ entstanden, auf dem einige ihrer Werke zu sehen sind. Leider hatte der Versuch, in Obernkirchen eine Skulptur von ihr für die dortigen Quellen aufzustellen, keinen Erfolg.