Gerade habe ich das Buch von Veronica Frenzel „In eurem Schatten beginnt mein Tag“ gelesen. Die Autorin, um die 40 Jahre alt, beschreibt die innere Auseinandersetzung mit ihren Großeltern, bei denen sie aufgewachsen ist. Der Großvater war bei der SS, und auch die Großmutter war geprägt von faschistischem Denken. Frenzel kämpft damit, auch bei sich rassistisches Gedankengut zu entdecken. Und sie hadert damit, dass sich zunächst niemand aus ihrer Familie für diese Vorfahren interessiert.
Niemand war wirklich angefasst, schreibt sie, wenn sie auf diese zu sprechen kam. Ähnlich habe ich es auch erlebt, wenn ich auf den Mann der Cousine meiner Großmutter hinwies, der das Gas entwickelt hat, mit dem in Auschwitz die Menschen vergast wurden. Und ich selber? Ich habe das Gefühl, seit langem wie in einer Art Schockstarre zu sein, was diese zufällige Entdeckung im Rahmen der Familienforschung betrifft.
Erst nach und nach kam mir ins Bewusstsein, wie in dieser Familie mit Männern umgegangen wurde, die irgendwie – wie auch immer… – „Rang und Namen“ und Besitz hatten. Sie wurden hofiert. Negatives wurde unter den Tisch gekehrt, nicht erwähnt oder hingenommen nach dem Motto, so ist das nun mal, da kann man nichts machen. Nach ihrem Tod wurden sie dann allerdings ganz schnell aus dem Gedächtnis gelöscht. Kein Grab, das besucht wurde, am besten eine Seebestattung.
Die Aufarbeitung ist noch nicht zu Ende.